Die Rheinnixen

Die Rheinnixen – Deutschland, ein Wintermärchen

 

Jetzt kommen wir zu einem Stück, dessen Aufführungsgeschichte zum Verzweifeln ist – mit dem niederschmetternden Ergebnis: Es wird nicht gespielt!!!

 

Im Rheingau, 1522, Reformationskriege, ziehen Landsknechtheere durch die Dörfer, zerstören Wohlstand und Ernte, brandschatzen, vergewaltigen – das kennen wir. Armgard, eine offenbar traumatisch verstörte Frau, kann sich offenbar nur noch singend mitteilen. Sie beschwört zwei Visionen: Die der singenden Elfen, die die Männer sirenenhaft-fatal in den Tod ziehen. Und das Lied vom friedlichen, deutschen Vaterland – eine Vision, von der man nicht weiss, ob sie in der Vergangenheit oder in der Zukunft liegt, in der Gegenwart jedenfalls nicht: „kein Ort“, eine klassische Utopie.

Franz ist ein anderer neurologisch Geschädigter: er leidet seit einer Kriegsverletzung unter Gedächtnisverlust, hat keine Geschichte mehr.

 

Um diese beiden geschädigten Hirne kreist die Oper, auch die Kraft der Rettung entspringt diesen beiden Visionen: Dem Lied der Elfen und dem Vaterlandslied.

Auf der realen Ebene funktioniert die Handlung nur krude und mit vielen logischen Löchern. In meinem renovierten Libretto habe ich versucht, viele Ungereimtheiten des Originals auszuräumen. Doch die eigentliche Ebene der Oper ist die Musik, die Vorstellung von Wirklichkeit, die Vision, die Erinnerung. An diesen Punkten muss eine Inszenierung ansetzen.

 

Der Text der „Rheinnixen“ liegt nun dank der Arbeit von Jean-Christoph Keck zuverlässig vor. Die am Rhein gelegenen Opernhäuser sollten sich doch bitte dieses Geschenk nicht entgehen lassen, diesen Spezialfall einer deutschen, politischen Oper  zu bearbeiten.

 

 

Textbeispiele:

 

No. 2 : Lied

 

Hedwig:

Was sind das für Zeiten

Nur Trauer und Leiden

Es zieht der Soldat

Nach blutiger Tat

Wild mit Feuer und Brand

Durch unser schönes Land!

Ach, lieber Gott

Durch unser Land!

 

Andante

 

Ich hasse Soldaten

Die blutigen Heldentaten

Sie waten in Blut

Mit zerstörender Wut!

Es trauern die Mütter

Es trauern die Väter

Es weinen die Kinder!

Tod zeichnet die Spur

Gott, schütz uns vor Soldaten nur!

 

Allegro moderato

 

Ich hasse die Kriege

Die strahlenden Siege

In sinnloser Wut

Vergiessen sie Blut

Und sie nennen es Mut!

 

Andante

 

Ist das ein Mensch?

Zwingt die Frauen zur Lust mit Gewalt?

Ist das ein Mensch?

Dessen Herz bleibet bei Leid und Schmerz

fühllos und kalt?

Sie haben kein Mitleid

Wenn das Kind unterm Schwert schreit!

Du siehst weit und breit

Trauer und Leid

Welch schreckliche Zeit!

 

Allegro

 

Ich hasse den Krieg

Wer verliert oder siegt

Das bleibt doch egal

Es beweint überall

Ob Freund oder Feind

Eine Mutter ihren Sohn

Vor Gott im Himmelreich

Sind Freund und Feind

Sich alle, alle gleich!

 

 

Andante

 

Franz:

Dunkel entfernt sind die Tage

Ich hört’ solch Glocken schlagen

Starb ein Mensch?

Woll’n die Glocken ihn zu Grabe begleiten?

Was woll’n die Glocken mir sagen?

Oder traut sich ein Paar vorm Altar?

Nachts vom Traume getragen

Hört’  ich ferne sie schlagen

Zeigte dem Kinde die Zeit:

„Bald ist’s auch für dich schon so weit,

darum mache dich bereit!“

Glocken, rufet mich heim!

Glocken, wann wird das sein?

 

No. 13 Rezitativ und Romanze Franz

 

Franz:

Unwirkliche Stille

Nur das Echo antwortet mir

Armgard, hör!

Hörst du mich?

Soll ich dich niemals mehr singen hör’n?

 

Romanze

 

1. Es war Nacht

In meinem Kopf war es dunkel und leer

Da war nichts!

Nur Nacht

Und jeden Tag

war das Leben mir schwer

da war nichts!

 

Doch dann hörte ich dich

Du sangst und alle Angst verschwand

Alles ward’  offen und hell, ich verstand

Welch ein Keller war mein Leben vorher ohne dich!

 

 

2. Ich sah vor mir die Frau

die ein Lied sang so schön

das warst du!

Ich sah, mit dieser Frau

Würd’  ich durchs Leben gehen

Das warst du!

 

Doch dann, eh’  es begann

Schloss dir der Tod die Augen zu

Ich suche rastlos und finde dich nicht

Denn das Leben ist kein Leben,

wär’  es ohne dich!

 

 

 

Vaterlandslied

 

Armgard:

1. Aus alten Märchensagen

aus fernen Kindertagen

lieb’ ich mein Heimatland!

Ich lieb’  es ohne Klagen

Ich lieb’  es ohne Fragen

Wie einen lieben Mann!

Wie oft hab ich dich schon beweint

Wann bist in Frieden du vereint?

Mein Heimatland

Mein schönes Land

Mein armes, schönes, deutsches Vaterland!

 

Alle:

Mein Heimatland

Mein schönes Land

Mein armes, schönes, deutsches Vaterland!

 

 

Armgard:

2. Auf Höhen Burgen thronen,

die uns mit Wein entlohnen

mein schönes Heimatland!

Wo fleiss’ge Menschen wohnen

Mit Arbeit sich nicht schonen

Ich nie ein schön’res fand!

Dies Land am schönen Vater Rhein

Soll heit’rer Menschen Heimat sein!

Mein Heimatland

Mein schönes Land

Mein armes, schönes, deutsches Vaterland!