Musiktheater nach Tankred Dorst und Ursula Ehlers
Libretto: und Regie: Martin G. Berger, Musik: Wolfgang Böhmer
Premiere 31. Jan. 2019
"Nur ein Stoff aus der deutschen Provinz von gestern? Mitnichten! Martin G. Berger, der an der Neuköllner Oper ein intensives Intermezzo seiner steilen Regie-Karriere gestaltet, zieht Parallelen zwischen einer Außenseiterin um 1990 und sozialen Dysfunktionen heute. Er schreibt einen szenischen Essay über Autonomie-Ansprüche gegen das Diktat des Mainstreams und blickt mit dem durch die Neuen Medien gehärteten Blick zurück auf die Generation vor ihm. Ausgangspunkt zu diesem Musiktheater, das den Gesetzmäßigkeiten der Oper und des Musiktheaters ausweicht, ist für ihn und den Komponisten Wolfgang Böhmer das Drehbuch "Eine Mordsgeschichte". ....
Elfie ist eine, die Konventionen nicht verstehen will. In ihr erkennt man Woyzeck und Marie zugleich. Sie ist auf der Suche nach intimer Nähe, aber ohne zerstörerische Willfährigkeit. Trotzdem hat sie auch etwas von einer Kleinstadt-Lulu, der man im gesellschaftlichen Leben nur eine nicht ernstzunehmende Un-Rolle zuweist. ...
Was für eine Musik macht man dazu? Wolfgang Böhmer schafft es ohne melodienselige Milieumalerei in die gestische Verallgemeinerung. Stabilität gewinnt er vor allem durch geerdete Streicherfarben. Den Bühnenpraktiker merkt man an den vielfältig gestalteten Übergängen von der Rede über das Melodram in den Gesang. Trockene Rezitative gibt es bei Wolfgang Böhmer nur äußerst selten, was die 70 Minuten sehr kurzweilig werden lässt." (Roland H. Dippel, Die Deutsche Bühne 1. Feb. 2019)
"Alle sind Elfies Männer, aber auch eingestandene Schwächlinge, Schwadroneure, Schemen. Manches klingt etwas wedekindisch oder mal büchnerhaft, so irgendwo zwischen "Lulu", "Woyzeck" und Dorst natürlich. Aber trotz Wolfgang Böhmers teils expressiv schlagwerkender, teils schwermütig dahinharfender Musik, die auch das fränkische Volkslied adaptiert, fehlt dieser Moritat das wirklich Spukhafte. Das Gespenst und Gespinst: eine Vision, sei's von gestern oder morgen." (Peter Becker, tagesspiegel 2. Feb. 2019