Blaubart

Barbe-Bleu  -   Sex ist klasse!

 

Im BLAUBART bringt Offenbach das Kunststück fertig, einen Serienmörder so darzustellen, daß der Zuschauer (ich) ihn am Ende sympathisch findet – er mag Sex und ist entwaffnend ehrlich. Das hat er mit Boulotte gemeinsam, einer Art Cindy von Marzahn – auch sie mag Sex (äussert das auch offen!) und ist entwaffnend ehrlich. Deshalb finden sich die zwei am Schluss und werden ein wahrscheinlich glückliches Paar.

 

Der Dreh- und Angelpunkt im BLAUBART ist ironischerweise die Institution der Ehe. Denn Blaubart muss, bevor er sich seinen Frauen. sagen wir mal: nähern kann, sie zunächst heiraten. Und bevor er sich der nächsten Frau nähern kann, muss er die vorige umbringen, weil er nicht mit zweien zugleich verheiratet sein kann. Der Wahnsinn hat Methode...

 

Der Gegenspieler Blaubarts, König Bobeche, hat ein ähnliches Problem: Aus Eifersucht bringt er jeden Mann um, der seiner Frau zu nahe kommt. Im Gegensatz zu Blaubart ist er jedoch ein grauer Verhinderer, angstbesessen, ein Reihenhausbewohner.

 

Offenbach spielt hier gekonnt mit dem Grauen und dem Satirischen, dem Tragischen und dem Komischen – wir haben eine Groteske vor uns. Der dritte Akt ist echt gothic, vielleicht heute sogar splatter.

 

 

No.8 : Legende von Blaubart

 

Blaubart:

Leute, heute hat wieder der Tod mir genommen

Was im Leben auf Erden mir immer das Liebste war,

noch keine meiner schönen Frau’n ist ihm entronnen,

was scheinbar Schicksal war!

Was scheinbar Schicksal war!

 

1. Strophe:

Jeder kennt meine Geschichte,

die wahr ist, nichts ist erdichtet!

Mit den Frau’n in meinem Haus

 

Chor:

Ging es immer tödlich aus!

 

Blaubart:

Ja, die erste, dritte, zweite

Starb’n in mysteriöser Weise

Still und leise

 

Chor:

Auf der Reise!

 

Blaubart:

Dann die vierte starb zuhaus! (lass ich aus)

Ja, dann kam die arme fünfte,

die sich tief im Keller lynchte!

Ja, grad’ sie hab ich geliebt!

 

Chor:

Ja, grad sie hat er geliebt!

 

Blaubart:

Sie hat keinen Grund gehabt,

weil ich sie so geliebt doch hab,

wie es sonst Liebe nirgends gibt!

 

Chor:

Wie’s sonst Liebe nirgends gibt!

 

Blaubart:

Man Blaubart mich nennt

 

Chor:

Man Blaubart ihn nennt

 

Blaubart:

Ein jeder mich kennt

 

Chor:

Ein jeder ihn kennt

 

Blaubart:

Man erkennt, das ist wahr! Ja!

 

Chor:

Man erkennt, man erkennt ihn klipp und klar

An seinem Bart.

 

Blaubart:

Ich bin Witwer, na, was soll’s?

Mehrfach Witwer und mit Stolz!

Nein, nie ein Witwer lustig war

Wie der Ritter mit dem tiefblauen Bart!

Jaa!

 

 

Blaubart über Boulotte

1. Schaut, diese Frau,

ihr Körperbau!

Welch zauberstarke Hände schufen’s,

dieses Original von Rubens?

Ja, das ist stark,

robust und hart,

wohin man schaut!

 

Nicht das Gestöhn und Starallüren,

womit für gewöhnlich sie verführen!

Nein, schaut ihre Art:

Scheint sie auch hart,

sieht man sogleich,

innen ist sie weich,

butterweich und zart!

 

2.  Schaut, diese Frau!

Ihr Körperbau!

Ein Mädel, gradeaus und deftig!

Wird ein Mann ihr mal zu heftig,

singt sie nicht lang und gibt zum Dank

ihm eins aufs Maul!

 

Sie ist nun mal rein und natürlich,

ihr Reiz eher rustikal, doch figürlich!

Nein, schaut ihre Art:

Scheint sie auch hart,

sieht man sogleich,

innen ist sie weich,

butterweich und zart!

 


Ich bin getrieben,

liebe die Liebe

an jedem Tag neu!

Die Liebe stirbt,

die Liebe verdirbt,

wenn man bleibt der Ehe treu!

Die alte muss sterben,

die neue werden,

und ewig blüht die Liebe an jedem Tag neu!

Bist du nun bereit?

Es wird höchste Zeit!

Bist du bereit für den Tod?